Obamas Klimaplan: Besser als nichts!

Der U.S. Präsident Barack Obama hat einen neuen – sicher letzten – Anlauf gestartet, den Klimaschutz in den USA in Gang zu bekommen. Obwohl auf Bundesstaatenebene schon einiges diesbezüglich läuft (Stichwort RGGI), fehlte es an einer einheitlichen Strategie im Kampf gegen den Klimawandel. Einzig die ökonomische Krise und der gleichzeitige Boom von unkonventionellem Erdgas konnten die Emissionen der USA etwas dämpfen. Doch Klimaschutz, der mit Arbeitslosen und zerstörten Naturlandschaften erkauft wurde, ist kein echter Klimaschutz! Deshalb braucht es eine langfristigere Strategie. Diese ist aber auch mit dem „Clean Power Plan“ nicht gegeben.

Positiver siehen es meine Kolleg_innen der Böll-Stiftung in Washington:

the Clean Power Plan will give a huge boost to promoting a broader green economy in the U.S.  (… and) President Obama created new leverage for the U.S. in international climate negotiations. (Boell.org)

Bis zu diesem Zeitpunkt verfolgte Obama eine „all of the above“-Strategie. Diese beinhaltete, genau wie die letzten 5-Jahrespläne in China, ein Ausbau aller Energieträger: Atom, Kohle, Gas und Erneuerbare. Zumindest der Kohle hat Barack Obama nun den Kampf angesagt. (Die chinesische Regierung aber übrigens auch…) Dabei ist die Kohleindustrie in den USA bei weitem nicht so mächtig wie in Deutschland. Auch arbeiten nur ein Sechzehntel von einem Prozent der U.S. Arbeitskräfte in diesem Sektor und der eigentliche „war on coal“ ist schon eine Generation her, so schreibt es z.B. Paul Krugman. Zudem redet in den USA niemand über einen „Kohleausstieg“, sondern es gibt mit der leider breit akzeptierten CCS-Technologie („clean coal“ genannt) eine scheinbare Alternative für den Sektor. Die Nachricht ist also nicht, dass jetzt der Kohle der Gar ausgemacht wird, sondern dass dieser Sektor nun investieren muss in CCS und mehr Effizienz.

Wie funktioniert Obamas Plan?

Der Plan bedeutet faktisch – wenn er denn so funktioniert – ein nationales CO2-Ziel für den Stromsektor von ungefähr -30% bis 2030 ggü. 2005 und würde somit 730 Mio. Tonnen CO2 einsparen. Praktisch bekommen aber 49 Bundesstaaten individuelle Ziele. Die Bundesstaaten sind dabei flexibel in ihrer Instrumentenwahl selber bestimmen und haben bis 2016 Zeit, ihre Strategie zu entwickeln. Hierfür hat die EPA lediglich Guidelines erstellt. Diese sehen vier Strategien vor:

  • Fossile Kraftwerke effizienter machen
  • Wechsel von Kohle auf Gas
  • Mehr Niedrig- bzw. Null-CO2-Technologien nutzen (EE + Atom)
  • Energieeffizienz steigern (Ziel: um 1,5% jährlich steigern)

Der Clean Power Plan wird erstmalig die Emissionen aus existierenden Kraftwerken regulieren. Dies wird nicht durch ein Gesetz, sondern per Executive Order angewiesen.  Unter dem Clean Air Act (CAA) section 111(d) darf die EPA die Bundesstaaten anweisen, für giftige Stoffe kosten-effizient Standards zu setzen, welche die “best system of emission reduction” wiedergeben (quasi wie ein weiches Top-Runner-Prinzip). Im Jahr 2011 wurde CO2 als solcher Stoff eingestuft. Jetzt hat die EPA offiziell den Auftrag von Obama bekommen. Das wurde auch vom Supreme Court bestätigt. Seit dem bereitet die Umweltagentur auch Verordnungen für bestehende und für neue Kohlekraftwerke vor.

Es sind insgesamt rund 1.000 Anlagen (Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke) betroffen. Faktisch werden aber alte Kohlekraftwerke ins Visier genommen. Ab 2020 gelten dann die individuellen Ziele (ein Durchschnittsziel für die 2020er und ein Endziel für 2030). Es handelt sich dabei aber lediglich um CO2-Intensitätsziele (Auch wenn Staaten sich freiwillig absolute CO2-Ziele geben können). D.h. also auch, dass der Zubau an Kapazität (z.B. durch ein neues AKW) automatisch die CO2-Intensität eines Staates senken würde.

Ein State-by-State Ansatz macht Sinn, denn die Bundesstaaten sind sehr unterschiedlich in ihren Energiemixen, wie diese Grafik s.u. zeigt. (Weitere Vergleiche der Auswirkungen auf die Einzelstaaten hier.)

Aber noch etwas Wasser in den Wein: Bereits heute sind -13% CO2-Reduktion erreicht worden und bereits in Kopenhagen hat sich Obama auf -17% bis 2020 verpflichtet. Zuletzt fiel die CO2-Intensität sowieso um ca 2% pro Jahr. Der Clean Power Plan ist daher klimatechnisch kein großer Wurf! Damit ist vielleicht auch ein Ende der Kohle in den USA vorausgesagt, trotzdem könnte sie jedoch noch weiter exportiert werden, beispielsweise nach China und Europa.

Wie ist der Plan einzuschätzen?

Die liberale Website hat 8 Analysepunkte veröffentlicht (hier), die ausdrücken, wie optimistisch – ja euphorisch – die US-Szene über den Vorstoß ist. Denn sie ist aus ihrem Blickwinkel nicht nur ambitioniert, sondern hat auch die Chance mal den politischen Prozess zu überleben. (Allerdings nur, weil sie nicht durch den Kongress muss.)

  • This is the most significant move any U.S. president has made to curtail carbon pollution in history.
  • There is room for improvement, and time to improve it.
  • The EPA is just doing what Congress (and the Supreme Court) told it to do many years ago.
  • States will have huge amounts of flexibility to comply.
  • Coal was on its way out and this speeds up the transition.
  • This is one rule in a long string of carbon-cutting actions since President Obama took office.
  • The rule won’t come into effect overnight.
  • It’s not just fossil fuel companies and conservative groups that have a voice in this process.

Wie geht es in den USA mit dem Clean Power Plan weiter? (von Rebecca Bertram, Böll-Stiftung)

Erstmal folgt eine 120-tägige Konsultationsphase, in der sich u.a. die Bundesstaaten, die Energieversorger, die Kohleindustrie und breite Öffentlichkeit zu dem Clean Power Plan äußern können. Danach wird die EPA die Kommentare in die Endfassung der Regulierung einarbeiten. Erst wenn diese im Juni 2015 vorliegt, wird es voraussichtlich zu einer Welle von Gerichtsverfahren gegen das Vorhaben kommen. Vorher geht es vor allem  darum, die öffentliche Meinung für den Clean Power Plan zu gewinnen, insbesondere in Bundesstaaten mit besonderer Kohleabhängigkeit. Gegner beteuern, der Plan bedeute den wirtschaftlichen Niedergang der USA, und werfen der EPA vor, ihre rechtlichen Befugnisse zu überschreiten. Das US Chamber of Commerce warnte bereits in der Woche vor Obama’s Ankündigung vor schlimmen wirtschaftlichen Verlusten – angeblich von $50 Milliarden pro Jahr. Der Tenor ist dabei immer derselbe: der Clean Power Plan werde die Energiepreise in die Höhe treiben, und Arbeitsplätze gefährden.

Bis 2016 haben die Bundesstaaten Zeit, ihre individuelle Strategie als Teil des Clean Power Plans zu entwickeln. Falls sie dies nicht tun, wird diese von der EPA vorgegeben. Könnte  Obamas Nachfolger 2017 das ganze wieder in Frage stellen? Wahrscheinlich ist das nicht. Selbst wenn ein neuer Präsident es wollte, Industrie und Energieversorger werden die bis dahin getätigten Investitionen nicht verloren geben wollen. Nach Obamas Vorstoß gilt deshalb: US climate policy is here to stay!

Zugegeben, der Clean Power Plan ist nicht die erste Klimagesetzgebung von Obama. Und sie ist auch nicht die beste denkbare. Auch kommt es nicht von ungefähr, dass Obama auf die vielen Fortschritte in den Bundesstaaten verweist. Dort läuft teilweise erheblich mehr als in Washington D.C.! Aber es ist geschickt, wie er diesen Fakt zu seinem Vorteil nutzt. „Die meisten von Euch machen schon gute Sachen, ich will dass ihr alle individuell in diese Richtung weiter geht,“ scheint er den Gouverneuren zurufen zu wollen. Damit könnte er in einer Sache Erfolg haben: erstmals würde es kein einheitliches, aber ein allumfassendes Klimaziel in den USA geben. Jeder Staat muss in die gleiche Richtung laufen. Das sendet v.a. ein starktes Zeichen an die Unternehmen, welche sich sehr unterschiedlichen klimapolitischen Grundvoraussetzungen ausgesetzt sehen. Allerdings hat das auch den Nachteil, dass die Zersplitterung der Klimapolitik in den USA weiter voran schreitet. Dies nimmt Obama als notwendiges Übel hin. Besser als nicht, ist es allemal. Angesichts der vielen Gegner des Planes sollten jetzt alle Klimaschützer_innen zusammen das Vorgehen verteidigen. Denn auch wenn der Klimaschutz in den USA weiterhin in den Kinderschuhen steckt, teile ich die Analyse der Böll-Stiftung, dass nun zumindest endlich mal ein kleines Momentum geschaffen wurde:

As the EU continues to debate its own climate and energy framework for 2030, Europe should note that in the case of the U.S. an ambitious plan for cutting carbon pollution – one that took political risk – resulted in immediate domestic and international momentum for acting on climate change and enacting a low carbon energy economy to do so. (Boell.org)

 

Über GYGeorg

Global. Young. Green. Drei Eigenschaften von Georg, der lange u.a. bei den Global Young Greens (GYG) aktiv war und mittlerweile für den Kohleausstieg in Deutschland kämpft.

Veröffentlicht am Juni 10, 2014, in Allgemein. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Hinterlasse einen Kommentar.

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